Die verbrannten Dichter
Rote Zora erinnert an die Bücherverbrennung von 1933
Am 10. Mai ist der 90. Jahrestag der Bücherverbrennung von 1933. Grund genug für die beiden Buchhandlungen Rote Zora in Merzig und in Losheim, genauer hinzusehen und unter dem Motto „Die verbrannten Dichter“ diesen Autor:innen jeweils eine Schaufensterpräsentation in Losheim und in Merzig zu widmen, sowie sie in den Buchhandlungen auszustellen.
Auch die Bücher von Kurt Kläber wurden verbrannt. Er ist unter dem Pseudonym Kurt Held der Autor unserer Namensgeberin Rote Zora, die 1941 in der Schweiz erstmals erschien. Dorthin waren Kläber und seine Frau Lisa Tetzner geflüchtet, die ebenfalls auf der schwarzen Liste stand.
Und auch die Bücher des Merziger Autors Gustav Regler wurden verbrannt.
„Gerade als Buchhandlung mit diesem Namen finden wir es wichtig, sich zu erinnern und zu verstehen, wie das geschehen konnte und wer sich daran beteiligte“, so Ingrid Röder von der Buchhandlung Rote Zora. Sie erinnert an Heinrich Mann, auch einer der verbrannten Dichter: „Mich hat sein Ausspruch ‚Wer den Geist nicht verträgt, beruft sich aufs Blut‘ immer sehr nachdenklich gestimmt.“ Am Scheiterhaufen auf dem Berliner Opernplatz warf am 10. Mai 1933 ein NS-Student die Werke Heinrich Manns in die Flammen mit den Worten: „Gegen Dekadenz und moralischen Verfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat!“
Die Bücherverbrennungen, die am 10. Mai 1933 in 22 Universitätsstädten in Deutschland stattfanden, waren Höhepunkt einer vierwöchigen antisemitischen Kampagne "Aktion wider den undeutschen Geist" der Deutschen Studentenschaft.
Entstanden sind die schwarzen Listen der verfemten Autor:innen u.a. durch die Zuarbeit von Buchhändler:innen und Bibliothekar:innen. Ebenso beteiligten sich Lehrer:innen, Student:innen und Professor:innen mit Begeisterung an dieser Aktion und ließen die Bücher aus Schulen, Universitäten, Büchereien, Buchhandlungen und den Verlagsprogrammen verschwinden. Das alles wohlgemerkt, bevor es ein Gesetz oder ein Befehl von staatlicher Seite gab.
Der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler rief den Buchhandel dazu auf, diese Bücher, die „für das deutsche Ansehen als schädigend zu erachten sind“ nicht weiter zu verbreiten: „Der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler ist sich mit der Reichsleitung des Kampfbundes für deutsche Kultur und der Zentralstelle für das deutsche Bibliothekswesen darin einig geworden, dass die 12 Schriftsteller: Lion Feuchtwanger – Ernst Glaeser – Artur Holitscher – Alfred Kerr- Egon Erwin Kisch – Emil Ludwig – Heinrich Mann – Ernst Ottwald – Theodor Plivier – Erich Maria Remarque – Kurt Tucholsky alias Theobald Tiger, Peter Panter, Ignaz Wrobel, Kaspar Hauser – Arnold Zweig für das deutsche Ansehen als schädigend zu erachten sind. Der Vorstand erwartet, daß der Buchhandel die Werke dieser Schriftsteller nicht weiterverbreitet.“ (Leipzig, den 11. Mai 1933. Der Gesamtvorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig.)
Mögen diese Bücher nie wieder aus Schulen, Bibliotheken und Buchhandlungen verschwinden müssen!
Woche der Meinungsfreiheit: 3. - 10. Mai 2023
Diese Aktion der Buchhandlungen Rote Zora in Merzig und in Losheim zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung 1933 findet statt im Rahmen der Woche der Meinungsfreiheit: Vom 3.Mai - internationaler Tag der Pressefreiheit - bis 10. Mai - Gedenktag der Bücherverbrennung in Deutschland - findet die Woche der Meinungsfreiheit zum 3. Mal mit über 60 Veranstaltungen bundesweit statt. Das Bündnis wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert, die Unterstützung reicht vom PEN Zentrum Deutschland bis hin zur Eintracht Frankfurt
Foto: Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin am 10. Mai 1933
© Von Bundesarchiv, Bild 102-14597 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, commons.wikimedia.org/w/index.php
Jürgen Serke
Die verbrannten Dichter
Lebensgeschichten und Dokumente
Erweiterte und neubebilderte Neuausgabe von Jürgen Serkes epochalem Buch »Die verbrannten Dichter« zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung von 1933. Serke zeichnete die Lebensgeschichten jener exilierten Schriftsteller und Schriftstellerinnen nach, deren Werke von den Nationalsozialisten verbrannt wurden und holte vergessene Autoren wie Irmgard Keun, Walter Mehring, Armin T. Wegener, Ernst Toller und Yvan und Claire Goll in das öffentliche Bewusstsein zurück. Serkes Wiederentdeckungen hatten maßgeblichen Einfluss auf die Lektüreinteressen einer Generation von Leserinnen und Lesern in Deutschland. Das Buch führte zu einer Wiederentdeckung der Exilliteratur. Nach Veröffentlichung bei Beltz und Gelberg (1977 und 1992) sowie als Taschenbuch bei S. Fischer (1980) erscheint der Band nun in einer neu gestalteten und um Bildmaterial der Sammlung Serke erweiterten Neuausgabe mit aktualisierten Bibliographien. Das Buch erzählt das Leben und Schaffen von u. a. Else Lasker-Schüler, Franz Jung, Albert Ehrenstein, Erich Mühsam, Hans Henny Jahn, Rahel Sanzara, Walter Hasenclever und Johannes R. Becher.
Wallstein Verlag, 978-3-8353-5388-6, 38 €