Ein Büchermensch durch und durch
Zum 90. Geburtstag von Umberto Eco
„Wer nicht liest, wird mit 70 Jahren nur ein einziges Leben gelebt haben: Sein eigenes. Wer liest, wird 5000 Jahre gelebt haben: Er war dabei, als Kain Abel tötete, als Renzo Lucia heiratete, als Leopardi die Unendlichkeit bewunderte. Denn Lesen ist eine Unsterblichkeit nach hinten.“ (Umberto Eco)
Am 5. Januar 1932 wäre der italienische Schriftsteller, Philosoph und Kulturtheoretiker Umberto Eco 90 Jahre alt geworden. Ein Autor, der uns von Beginn an in der Buchhandlung Rote Zora begleitet hat. Zunächst durch seine an Fabulierkunst reichen historische Romane wie „Baudolino“ oder „Das Foucaultsche Pendel“, später dann durch seine Essays über Faschismus und über Verschwörungstheorien. Wir möchten diesem außergewöhnlichen Gelehrten, Büchermenschen und politischem Moralisten ein Geburtstagsfest widmen und sein Werk vorstellen. Eco starb am 19. Februar 2016.
Umberto Eco hatte eine riesige private Bibliothek mit über 30.000 Büchern, die er in einem Interview so beschrieb: „Ich habe einen Flur für Literatur, er ist 70 Meter lang, ich gehe mehrmals am Tag durch und fühle mich wohl.“ (Der Spiegel, 1.11.2009). Dieses Wohlgefühl beim Anblick von vollen Bücherregalen können wir Buchhändlerinnen nur zu gut nachvollziehen. Bücher waren für Eco mehr als nur gedrucktes Wissen. In dem 1980 erschienenen Roman „Der Name der Rose“ beschreibt er eine Bibliothek als „etwas Lebendiges, ein Raum voller Kräfte, die durch keinen menschlichen Geist gezähmt werden können, ein Schatzhaus voller Geheimnisse, die aus zahllosen Hirnen entsprungen sind und weiterleben nach dem Tod ihrer Erzeuger? Oder diese fortdauern lassen in sich?“
Eco wuchs auf im Piemont als Sohn eines Buchhalters. Seine Kindheit war geprägt von der Zeit des italienischen Faschismus und der Kämpfe der Partisanen gegen die Faschisten, die er aus der Nähe miterlebte und die seine Bücher, aber auch sein politisches Engagement stark beeinflussten. Er studierte Philosophie und Literaturgeschichte, arbeitete zunächst beim Fernsehen, später dann beim Mailänder Verlag Bompiani als Sachbuchlektor. Dort lernte er auch seine spätere Frau Renate Ramge kennen, eine Expertin für Museums und Kunstdidaktik, mit der er einen Sohn und eine Tochter bekam. 1975 begann er dann seine Lehrtätigkeit an der Universität in Bologna.
Eco war ein entschiedener Gegner von Silvio Berluscoi und kritisierte dessen Politik in vielen Zeitungsartikeln scharf. So auch in seiner Kolumne „Streichholzbriefe“ in der Wochenzeitschrift "L’Espresso". 2002 gründete er zusammen mit Freunden die Gruppe "Libertà e Giustizia", die sich – in Anlehnung an die Widerstandsbewegung "Giustizia e Libertà" gegen den Mussolini-Faschismus – als intellektuelle Opposition gegen die Politik von Silvio Berlusconi versteht.
Geburtstagsfest des Monats
Jeden Monat feiert die Buchhandlung Rote Zora einen runden Geburtstag, von Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die den Buchhändlerinnen am Herzen liegen. Manche von ihnen sind längst verstorben. Was sie aber unsterblich macht, das ist ihr Werk, das sie hinterlassen haben. Und so stehen im Mittelpunkt der Geburtstagsfeste nicht die obligatorische Geburtstagstorte und die feiernden Gäste, sondern die Bücher der Geburtstagskinder. In der Buchhandlung wie auch im Schaufenster, wie auch auf den Social-Media-Kanälen sprechen die Buchhändlerinnen die Einladung aus, das Tor zur Weltliteratur zu durchschreiten, lesend neues kennenzulernen und altbekanntes wiederzuentdecken.
© Foto: Rob Bogaerts, Beeldbank Nationaal Archief (Wikipedia)
Umberto Eco
Verschwörungen
Eine Suche nach Mustern
Wie funktionieren Verschwörungstheorien? Umberto Eco über die historischen Wurzeln von Querdenkern und Co.
Der Verschwörungskult um QAnon fabuliert von einer Elite, die das Blut gefolterter Kinder trinke. Selbsternannte Skeptiker wettern gegen vermeintliche Impfkartelle. Andere wähnen sich mitten in Deutschland in einer versteckten Diktatur. Auch wenn sie in immer neuer Gestalt daherkommen, Verschwörungstheorien durchziehen die Geschichte. Dabei verlaufen sie stets nach demselben Muster - das kaum jemand so treffend erkannt und brillant beschrieben hat wie Umberto Eco. In beständigem Ringen mit Antisemitismus, Esoterik und Pseudowissenschaft hat er schon lange vor der aktuellen Flut an Verschwörungstheorien deren überzeitliche Strukturen freigelegt. Eco fehlt - sein Werk ist gültig und aktuell wie nie.
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Hanser Verlag, 9783446271432, 12 €
Umberto Eco
Der ewige Faschismus
"Eco zeigt, was für ein riesiger Fehler es ist, Faschismus als ausschließlich historisches Phänomen zu begreifen." Roberto Saviano zum Buch
Faschismus und Totalitarismus, Integration und Intoleranz, Migration und Europa, Identität, das Eigene und das Fremde - die zentralen Begriffe in Umberto Ecos fünf Essays könnten kaum aktueller sein. Gerade in ihrer zeitlichen Distanz zeigt sich die Stärke von Ecos Gedanken: Losgelöst vom tagesaktuellen Geschehen, scheinen in ihnen die überzeitlichen Strukturen auf, die unserem Denken und Handeln zugrunde liegen. Präzise, wortgewandt und gespickt mit persönlichen Erinnerungen rufen seine Texte die komplexe Geschichte der Herausforderungen wach, vor denen wir heute stehen.
Blick ins Buch
Hanser Verlag, 9783446265769, 10 €
Umberto Eco
Das Foucaultsche Pendel
Ein gefährliches Spiel...Drei Mailänder Verlagslektoren, die beruflich ständig über okkulte Wissenschaften, Geheimbünde und kosmische Komplotte lesen müssen, stoßen auf ein äußerst rätselhaftes Dokument aus dem 14. Jahrhundert. Darin ist von alle 120 Jahre wiederkehrenden Zusammenkünften der »36 Unbekannten«, der Nachfahren der mysteriösen Tempelritter, die Rede. Die drei Spötter stürzen sich in das Labyrinth der Geheimlehren. Spielerisch erdenken sie eine gigantische Verschwörung. Aber dann merken sie, daß jemand ihre Phantasien ernst nimmt. Und der schreckt offenbar auch vor Mord nicht zurück ...
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DTV, 9783423115810, 16,90 €
Umberto Eco
Baudolino
Der mit allen Wassern der Fabulierkunst gewaschene Schelm Baudolino erzählt uns seine Lebensgeschichte.
Konstantinopel brennt! Die prachtvolle Hauptstadt des Byzantinischen Reiches - erobert, geplündert und in Brand gesetzt von den Rittern des Vierten Kreuzzuges. Einer von ihnen ist ein gewisser Baudolino aus dem Piemont. Den Kopf voller Flausen, Phantasien und Lügen, führt er uns durch ein historisches Panorama von überwältigender Breite.
Er erzählt, wie er als 13jähriger Bauernsohn den im Nebel herumirrenden Kaiser Barbarossa aufgabelt, der Gefallen an dem naseweisen Jungen findet und ihn daraufhin adoptiert; wie er den Kaiser auf seinen Italienzügen gegen die aufmüpfigen oberitalienischen Städte begleitet und auf den großen Kreuzzug ins Heilige Land, immer auf der Suche nach dem mythischen Reich des Priesterkönigs Johannes im fernen Orient. Und natürlich wie er, Baudolino, mit seinen aberwitzigen Ideen ganz nebenbei den Lauf der Weltgeschichte lenkt, ob nun bei der Heiligsprechung Karls des Großen 1165 oder bei der Erfindung der Legende der Heiligen Drei Könige, um dem Erzbischof von Köln, Rainald von Dassel, einen überwältigenden Einzug in seine Domkirche zu sichern.
Alles hat Baudolino miterlebt, doch ein Geheimnis kennt nur er ganz allein: Barbarossa, der angeblich im Fluss ertrank, ist mysteriöserweise bereits in der Nacht zuvor ums Leben gekommen. Unfall? Herzversagen? Nein, Mord! Baudolino ahnt, wer der Mörder sein könnte.
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DTV, 9783423131384, 12,90 €
Umberto Eco
Der Name der Rose
Dass er in den Mauern der prächtigen Benediktinerabtei an den Hängen des Apennin das Echo eines verschollenen Lachens hören würde, das hell und klassisch herüberklingt aus der Antike, damit hat der englische Franziskanermönch William von Baskerville nicht gerechnet. Zusammen mit Adson von Melk, seinem etwas tumben, jugendlichen Adlatus, ist er in einer höchst delikaten politischen Mission unterwegs.
Doch in den sieben Tagen ihres Aufenthalts werden die beiden mit kriminellen Ereignissen und drastischen Versuchungen konfrontiert: Ein Mönch ist im Schweineblutbottich ertrunken, ein anderer aus dem Fenster gesprungen, ein dritter wird tot im Badehaus gefunden. Aber nicht umsonst stand William lange Jahre im Dienste der heiligen Inquisition. Das Untersuchungsfieber packt ihn. Er sammelt Indizien, entziffert magische Zeichen, entschlüsselt Manuskripte und dringt immer tiefer in ein geheimnisvolles Labyrinth vor, über das der blinde Seher Jorge von Burgos wacht ...
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DTV, 9783423105514, 11,90 €
Umberto Eco
Wie man mit einem Lachs verreist und andere nützliche Ratschläge
Ein wütendes Handbuch
»Wer also das Mobiltelefon als Machtsymbol vorzeigt, erklärt damit in Wirklichkeit bloß allen seine verzweifelte Lage als Subalterner, der gezwungen ist, in Habachtstellung zu gehen, auch wenn er gerade einen Beischlaf vollzieht.«
Das wütende Handbuch des italienischen Großmeisters versorgt uns mit nützlichen Ratschlägen. Hotelgäste, Heimwerker und Bongaforscher erfahren jetzt, wie schwierig es ist, einen Lachs in der Minibar des Hotelzimmers zu verstauen oder auf intelligente Weise die Ferien zu verbringen. Auch lernen wir, einen Pornofilm zu erkennen und uns vor Witwen zu hüten. Kurzum, dieses Buch bietet eine Fülle an verblüffenden Informationen und läßt selbst solche Fragen nicht offen, die zu stellen man nie beabsichtigt hatte.
DTV, 9783423120395, 10,90 €
Umberto Eco
Die Kunst des Bücherliebens
»Ich sage es offen, aus Liebe zu einem schönen Buch ist man bereit zu jeder Gemeinheit.« Umberto Eco
Leidenschaftliche Leser möchten Bücher nicht nur lesen, sondern auch besitzen. Für sie hat Eco ›Die Kunst des Bücherliebens‹ geschrieben. Eco zeigt, dass mit Büchern, die die Geistesgeschichte seit Jahrhunderten prägen, eine ganze Kultur auf dem Spiel steht. Voller Esprit erzählt er vom Bücherlesen, Büchersammeln, Bücherbesitzen und Bücherlieben.
DTV, 9783423139892, 9,90 €
Umberto Eco
Nullnummer
Mailand, 6. Juni 1992, nachts. Bei dem Journalisten Colonna ist eingebrochen worden. Das Dossier mit brisanten Informationen hat man nicht gefunden; Colonna sieht jetzt sein eigenes Leben bedroht. Auch er spielt ein Doppelspiel: Für den Commendatore Vimercate soll er eine Zeitung lancieren, die mit schmutzigen Gerüchten über die gute Gesellschaft arbeitet. Zugleich schreibt er als Ghostwriter ein Enthüllungsbuch über den programmierten Skandal.
Korruption, Intrigen, Verschwörungstheorien - Umberto Eco porträtiert unsere Gesellschaft in einer rasanten Kriminalgeschichte zwischen Wirtschaft, Politik und Presse.
DTV, 9783423145572, 11,90 €
Umberto Eco
Die Geschichte der Schönheit
Mit zahlreichen farbigen Abbildungen.
Was ist schön? Umberto Eco entwirft ein grandioses Panorama von der Antike bis in die Gegenwart.
Was ist schön? Jeder glaubt das zu wissen, und dennoch hat sich die Vorstellung davon, was das Schöne sei, immer wieder verändert. Umberto Eco lässt diese Ideen im Wandel der Zeiten und der Kunst sichtbar werden. Er entwirft ein grandioses Panorama von der Antike bis in die Gegenwart und bezieht alle künstlerischen Ausdrucksformen bis hin zu Industriedesign, Film und Popkultur mit ein. Zahlreiche ausgewählte Texte aus Literatur und Philosophie sowie Zeugnisse von Künstlern begleiten Ecos Wanderung und liefern den »Originalton« aus der Zeit. So entstand eine beeindruckende und unterhaltsame Einführung in die Kunst der Menschheitsgeschichte.
Blick ins Buch
DTV, 9783423343695, 24,90 €
Umberto Eco
Die Geschichte der legendären Länder und Städte
Durchgehend vierfarbig illustriert
Von Atlantis nach Mittelerde.
Von nichts haben die Menschen seit jeher so ausdauernd geträumt wie von fernen Kontinenten, unbekannten Ländern und funkelnden Städten - und wenn sie diese auf ihren Expeditionen nicht entdecken konnten, haben sie sie erfunden. Umberto Eco hat sich auf die Reise zu den sagenhaften Gegenwelten gemacht: von der versunkenen Stadt Atlantis zu Gullivers Riesen und Zwergen, von Homers Troja zu Marco Polos China, von den Orten der Bibel bis zu Tolkiens Mittelerde.
Blick ins Buch
DTV, 9783423348560, 24,90 €
Umberto Eco
Auf den Schultern von Riesen
Das Schöne, die Lüge und das Geheimnis
Globalisierung, Klimawandel, Mythologie und Popkultur - als Intellektueller von Weltruf verfügte Umberto Eco über eine einzigartige geistige Spannweite. Sprachlich brillant und mit intelligentem Witz stellt er dies in den hier versammelten Texten unter Beweis, die eine Blaupause seines Lebenswerks darstellen. Streifzüge durch Literatur, Sprache, Kunst und Philosophie verschmelzen mit messerscharfen Beobachtungen zu Politik und Zeitgeschehen. Spielerisch präsentiert, üppig illustriert und von ungebrochener Aktualität.
DTV, 9783423349826, 18,90 €
Umberto Eco
Pape Satàn
Chroniken einer flüssigen Gesellschaft oder Die Kunst, die Welt zu verstehen.
Menschen, die ihre Handys verschlingen, Bücher, die die Existenz Napoleons bestreiten, und Seeräuber, die vorbildliche Kapitalisten abgeben - so absurd die Phänomene der modernen Gesellschaft erscheinen mögen, sie werfen dringliche Fragen auf: Blüht auf dem Boden einer überkorrekten Politik ein neuer Rassismus? Kann man sich im digitalen Dschungel durchschlagen, ohne völlig den Kopf zu verlieren? Ecos Antworten lassen das Röntgenbild einer modernen Gesellschaft entstehen, sie sind scharfsinnig, witzig und immer erhellend. Eine Liebeserklärung an das Lesen - belebend wie ein gutes Gespräch.
DTV, 9783423146487, 10,90 €
Michael Nerlich
Umberto Eco
'rororo Monographien'
Umberto Eco ist einer der erfolgreichsten Romanciers der Gegenwart. Seit seinem Bestseller «Der Name der Rose» (1980) werden seine Werke von Millionen Menschen in aller Welt gelesen. Doch schon vor seinem literarischen Durchbruch war er eine international bekannte Koryphäe: als Mediävist, Philosophiegeschichtler, Literaturtheoretiker und Fachmann für Semiotik. Michael Nerlich zeigt, wie das wissenschaftliche Denken und die literarische Produktion Umberto Ecos zusammenhängen: eine Einführung in den Gedankenkosmos eines Autors, der zu den scharfsinnigsten Intellektuellen unserer Zeit gehört.
Rowohlt Verlag, 9783499505621, 8,95 €