Heinrich Mann – ein politischer Träumer
150. Geburtstag am 27.März 2021
Am 27. März feiern wir den 150. Geburtstag von Heinrich Mann. Er stammt aus der Familie Mann und ist der ältere Bruder von Thomas Mann, unter dessen Schatten er zeitweise stand. Der aus Lübeck stammende Heinrich Mann beschließt an seinem 20. Geburtstag in Dresden, seine Buchhändlerlehre aufzugeben und als Volontär zum S. Fischer Verlag nach Berlin zu wechseln. Ab 1930 war Mann Präsident der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, aus der er 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausgeschlossen wurde. Er floh am 21. Februar 1933 aus Nazideutschland und ging ins Exil nach Frankreich, floh von dort 1940 über die Pyrenäen und Lissabon mit dem Schiff in die USA. Zu nennen sind vor allem seine Gesellschaftssatire „Professor Unrat“ und auch „Der Untertan“, der erste Teil der Kaiserreich Triologie. Seine Bücher wurden von den Nationalsozialisten öffentlich verbrannt. Im Exil verfasste er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte mit gesellschaftskritischer Intention und auch die Romane “Die Jugend des Königs Henri Quatre” und “Die Vollendung des Königs Henri Quatre”. 1949 plante er seine Rückkehr nach Deutschland (Ostberlin), starb aber 1950 noch in Santa Monica in Kalifornien.
Seine eingangs genannten Romane „Professor Unrat“ und „Der Untertan“ sind soeben in neuen Ausgaben erschienen. „Professor Unrat“ in Reclams Universal-Bibliothek bietet den Text kritisch überprüft nach der Erstausgabe von 1905, zieht bisher unberücksichtigte Entwurfsfragmente heran, enthält Stellenerläuterungen und ein Nachwort. Die mit Faksimiles und Bildmaterial hochwertig ausgestattete Jubiläumsausgabe „Der Untertan“ im Verlag S. Fischer bietet den Text nach einer bewährten Edition und enthält neben einem Nachwort einen umfangreichen Materialienanhang mit zahlreichen auch unbekannten Dokumenten zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte dieses Jahrhundertromans, über den Bertolt Brecht gesagt hat, es sei „der erste große politische Roman der deutschen Literatur“ (Notizen vom 3. März 1939)
Gertrud Selzer von der Buchhandlung Rote Zora freut sich ganz besonders über zwei Ausgaben. Die von Arne Jysch meisterhaft illustrierte Ausgabe des „Untertan“ bei Reclam, und „Anfang und Ziel ist der Mensch – Texte eines Idealisten“ bei Marix. „Arne Jysch gelingt es mit seinen Illustrationen auch das lebendig werden zu lassen, was zwischen den Zeilen steht. Das Nachwort und der Kommentar zeigen die politischen Hintergründe des Romans auf. Das Lesebuch 'Anfang und Ziel ist der Mensch' führt chronologisch in Leben uns Werk Heinrich Manns ein.“
Jeden Monat feiern wir in der Roten Zora einen runden Geburtstag, von Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die uns am Herzen liegen. Manche von ihnen sind längst verstorben. Was sie aber unsterblich macht, das ist ihr Werk, das sie uns hinterlassen haben. Und so stehen im Mittelpunkt unserer Geburtstagsfeste nicht die obligatorische Geburtstagstorte und die feiernden Gäste, sondern die Bücher der Geburtstagskinder. Im Laden wie auch im Schaufenster. Wir möchten Euch einladen, gemeinsam mit uns das Tor zur Weltliteratur zu durchschreiten, lesend neues kennenzulernen und altbekanntes wiederzuentdecken.
Bild oben rechts: Heinrich Mann, Zeichnung von Arne Jysch, aus „Der Untertan“, Reclam Verlag
Heinrich Mann
Der Untertan
Illustriert von Arne Jysch
Sollte es einmal einen Preis für den widerlichsten Protagonisten eines Romans geben, würde Diederich Heßling ohne Zweifel weit vorne landen. Heinrich Mann erzählt in seinem satirischen Roman die Geschichte Heßlings - eine typische Karriere im Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg: Als Kind vom Vater gedemütigt, findet Heßling seinen Platz im bierseligen Kollektiv einer Burschenschaft und wird schließlich zum skrupellosen Fabrik-Erben, der nach oben buckelt und nach unten tritt. - Heßling ist das Paradebeispiel eines feigen Opportunisten, eine »Vorgestalt des Nazi«, wie Mann später sagte.
Arne Jysch illustriert nicht nur die zentralen Szenen und Figuren des Romans. Er fängt die gesellschaftlichen Eigenheiten, die Stimmungen und Spannungen des Wilhelminischen Deutschlands präzise ein und schafft eindringliche Bilder von filmischer Kraft.
Nachwort und ausführlicher Kommentar runden die bibliophile Ausgabe ab und schlüsseln die geistesgeschichtlichen und politischen Hintergründe auf.
Reclam Verlag, ISBN 9783150113264, 36 €
Heinrich Mann
Der Untertan
Große Neuausgabe
Heinrich Manns berühmtester und erfolgreichster Roman - in einer großen Neuausgabe mit umfangreichem Bild- und Materialienanhang
»Großen Spaß hatte ich in der letzten Woche mit der Wieder-Lektüre des >Untertan<: ein nicht nur literarisch ganz außerordentliches, sondern absolut erschreckend prophetisches Buch«. So Klaus Mann im Februar 1936, drei Jahre nach Hitlers »Machtergreifung«, aus dem Exil in Amsterdam. Bis heute lädt Heinrich Manns »Untertan« immer wieder zu solchem Lesen und Wiederlesen ein. Erschreckend dabei bis heute: jene (männliche) »Sucht, zu befehlen und zu gehorchen«, auf die bereits Kurt Tucholsky in seiner legendären Besprechung 1919 in der »Weltbühne« hingewiesen hat. Dennoch oder gerade deshalb macht dieser große Gesellschaftsroman des 20. Jahrhunderts nicht nur einem Nazigegner wie Klaus Mann vor allem eines: großen Spaß.
Fischer Verlag, ISBN 9783103970425, 48 €
Heinrich Mann
Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen
Professor Unrat quält seine Schüler, verfolgt sie auch noch im Privaten - bis hinein in ein Nachtlokal. Dort erliegt er allerdings den Reizen einer Tingeltangelsängerin, das Ende des Tyrannen ist eingeläutet. Über die Hauptfigur seines Romans schreibt Heinrich Mann, sie sei »ein neuer Ausdruck der Erscheinung, die mich so oft erschüttert hat, der Macht«. Mit der Verfilmung „Der blaue Engel“ in der Marlene Dietrich brillierte, erlangte Heinrich Manns Karikatur der Wilhelminischen Zeit Weltruhm. Die Ausgabe bietet den Text auf der Grundlage des Erstdrucks von 1905, wobei bislang unbekanntes Material herangezogen wurde.
Reclam Verlag, ISBN 9783150195659, 6,40 €
Heinrich Mann
Anfang und Ziel ist der Mensch
Texte eines Idealisten
Heinrich Manns Werk entfaltet eine eigene Kraft und Schönheit. Es ist den Wirrnissen und Verführungen des letzten Jahrhunderts geschuldet. Wie kaum ein anderer deutscher Schriftsteller kämpfte er für Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit. Im Mittelpunkt seiner außergewöhnlichen Prosa steht der Mensch als Persönlichkeit und zerbrechliches Wesen. Als »Mann der Republik« trat er für eine soziale Demokratie und ein vereintes Europa ein, in dem er Frankreich und Deutschland eine Schlüsselrolle zuwies. Im Kampf gegen den Nationalsozialismus setzte er auf den Kommunismus und verkannte dabei den menschenverachtenden Charakter stalinistischer Herrschaft.So wie durch sein Leben geht auch durch sein Werk ein Riss. Es ist der Riss im Leben eines Verzweifelten, der Halt sucht, ohne ihn zu finden, in einer Welt voller Abgründe. Dieses Lesebuch führt chronologisch in das Leben und Werk Heinrich Manns ein. Es erzählt von seinen Hoffnungen, Träumen und bitteren Enttäuschungen. Es könnten auch die unseren sein.
Marix Verlag, ISBN 9783737411622, 16 €
Heinrich Mann
Ein politischer Träumer
Biographie
Heinrich Mann zählt zu den herausragenden deutschen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Doch auf seinem Werk lastet ein doppelter Schatten: Der Schatten seines erfolgreichen Bruders Thomas und der nachwirkende Schatten der deutschen Teilung. Während Thomas Mann in beiden deutschen Teilstaaten gefeiert wurde, galt dies für Heinrich Mann nicht in gleicher Weise. In der DDR geehrt und viel gelesen, aber auch politisch instrumentalisiert, blieb ihm in der Bundesrepublik die Anerkennung lange versagt. Zwischen den Brüdern entspann sich früh ein Konkurrenzverhältnis, sie blickten mit anderen Augen auf die Welt. Mit Hilfe der Literatur wollte Heinrich sie verbessern. Er war ein politischer Träumer, kein kalkulierender Ästhet wie Thomas, der sich lieber in die Rolle des unpolitischen Betrachters flüchtete. Heinrich Mann arbeitete am Alltag der Zeit. Dennoch ist sein Werk heute noch aktuell; die Zeiten haben sich geändert, die Grundprobleme sind geblieben. Seine sprachliche Schönheit, seine träumerische Eleganz, sein radikaler Idealismus und sein verzweifelter Kampf für eine bessere Welt haben nie an Bedeutung verloren. Diese Biografie möchte das bestehende Heinrich-Mann-Bild erweitern und sein Werk der Vergessenheit entreißen.
Marix Verlag, ISBN 9783737411561, 24 €
Heinrich Mann
In einer Familie
'Heinrich Mann, Gesammelte Werke in Einzelbänden'. Mit Frontispiz. Lesebändchen.
Der junge Erich Wellkamp lernt in der Sommerfrische Major von Grubeck und seine Tochter Anna kennen. Erich weiß es sofort: Anna bietet ihm die Sicherheit, auf die er gewartet hat. An sie kann er sich anlehnen und vom Leben ausruhen. Also hält er um ihre Hand an. Aber es kommt doch anders als erwartet. Die beiden frisch Vermählten ziehen zu Annas Vater, und Erich begegnet seiner Schwiegermutter Dora, der zweiten, sehr viel jüngeren Frau des Majors. Erich verfällt ihr mit Haut und Haar. Sie nutzt einen gemeinsamen Opernbesuch, um ihn zu verführen. Beide beschwören damit die Tragödie herauf, und aus der einen Nacht wird eine verhängnisvolle Affäre, die alle Beteiligten die Grenzen der Vernunft mißachten läßt. Zum 50. Todestag am 12. März 2000 wird eine Lücke geschlossen: Heinrich Manns Erstling erschien 1894, sechs Jahre vor Buddenbrooks, vier Jahre später eine zweite Auflage und dreißig Jahre danach eine vom Autor überarbeitete Fassung. Seitdem ist In einer Familie nicht mehr erhältlich. Heinrich Manns erstes Buch - geschrieben im selbstsicheren Übermut eines frühen Werkes wie auch schon im Ton des späten Meisters - ist eine mitreißende Liebestragödie und Familiengeschichte, zugleich ein Fundstück und ein Einstieg in das Werk eines großen Autors. Der Roman wird in der Fassung des Erstdrucks wiederveröffentlicht.
Fischer Verlag, ISBN 9783100478184, 22 €
Heinrich Mann
Die Jugend des Königs Henri Quarte
Heinrich Manns monumentales Panorama vom Leben und Wirken Heinrichs IV zeigt den Konflikt, in dem sich der König befindet: ausgestattet mit der Macht, jedoch zur Güte neigend, ringt er um Einheit und Größe seiner Nation. Aufgewachsen in den Pyrenäen, lernt er in Paris die Korruption am Hof und die Zerrissenheit des Landes kennen. Er kämpft an der Spitze der Hugenotten, überlebt die Bartholomäusnacht, wird gefangengenommen und konvertiert unter Zwang zum Katholizismus. Das Religiöse niedriger veranschlagend als den Sieg der Humanität, bekennt er sich nach der Flucht erneut zum Protestantismus. Die Religionskriege dauern an, sein Schwager Heinrich III. wird ermordet; der neue Thronfolger heißt Henri Quatre.
Rowohlt Verlag, ISBN 9783499134876, 12 €
Heinrich Mann
Die Vollendung des Königs Henri Quarte
Mit der Lebensgeschichte Heinrichs IV., des populärsten Königs der Franzosen, krönt Heinrich Mann sein Werk. Dieser bedeutende historische Roman in zwei Teilen stellt, historisch repräsentativ und psychologisch meisterhaft, den unübertroffenen Versuch dar, ein "wahres Gleichnis" zwischen Geist und Tat zu entwerfen. Heinrich IV. scheitert letztendlich, er stößt an die Grenzen der historischen Umstände. Am Schluß des Romans richtet der Zufrühgekommene von einer Wolke herab eine Ansprache an sein Volk: "Fürchtet euch nicht vor den Messern, die man gegen euch zückt. Ich habe sie grundlos gefürchtet. Macht es besser als ich. Ich habe zu lange gewartet."
Rowohlt Verlag, ISBN 9783499134883, 16 €
Heinrich Mann
Der Untertan
Er ist ein Konformist, ein Obrigkeitstreuer, ein Feigling frei von Zivilcourage. Kein gutes Haar lässt Heinrich Mann am Protagonisten seines berühmtesten Romans. Doch Diederich Heßling macht im Deutschen Kaiserreich Karriere, seine Strategie verfängt: nach unten treten, nach oben buckeln. Was als bitterböse Satire auf das Erziehungssystem und den Nationalismus seiner Zeit angelegt ist, wird von dieser bald schon überboten. »Der Untertan« erscheint wenige Wochen vor Beginn des Ersten Weltkriegs - doch auch die noch kommende Barbarei der deutschen Geschichte scheint in diesem Roman schon auf.
Anaconda Verlag, ISBN 9783730609736, 6,95 €
Heinrich Mann
Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen
Gymnasialprofessor Raat tyrannisiert seine Schützlinge, wo er nur kann, was ihm seinen Spitznamen einträgt. Um einen aufmüpfigen Schüler bloßzustellen, folgt er einem Hinweis in ein Vergnügungslokal. Doch dort verfällt er selbst einer jungen Tänzerin aus zweifelhaften Verhältnissen. Die Fassade der bildungsbürgerlichen Moral wird rissig, und das Ende des Tyrannen beginnt. »Professor Unrat« ist neben dem »Untertan« Heinrich Manns schärfster satirischer Angriff auf die Gesellschaft des Kaiserreichs mit ihrer Doppelmoral und ihrem autoritären Bildungswesen - ein großer deutscher Roman.
Anacoda Verlag, ISBN 9783730609743, 4,95 €